Scream VI: Review von Jason (Schnittberichte.com) (2024)

Entweder du stirbst als origineller Meta-Slasher, oder du lebst lange genug um selbst zurParodie zu werden


Da sind wir noch nicht angelangt, aber der Weg scheint auch nicht mehr allzu lang. Zumsechsten Installment eines Franchises -wases allerspätestens nunmehr ist und worauf auch als Gimmick dieser Episode herumgeritten wird (das "Sequel zum Requel"; whats-o-ever möchte man da schon leicht ermüded vor sich hinmurmeln) - , welches dem bekannten, ironisch-brechenden Grundgedankenentspringt, sollte einemschon etwas Reizvolles und/oder sinnvoll Weiterführendes einfallen.
Scream-Schöpfer Kevin Williamson, dasimmer schwerer wiegende Gepäck der Ersinnung jenereinstigen gleichermaßen Dekunstruktion als auchHuldigung der klar strukturierten, im Grunde eher tumben Slasher-Ära weiterhin tapfer tragend, wechselt dafür das erste Mal aus dem beschaulichen Woodsboro in die große Stadt hinaus - vermeintlich; denn auch Scream 3 spielte schon an einem Filmset in L.A., was man dem fertigen Streifen damals aber kaum bis gar nicht ansah. Leider geht das auch Scream VI nur marginal anders, denn bis aufeinen der typischen, kleinen Einkaufsläden (der so aber auch in einer Kleinstadt wie eben Woodsboro stehen könnte) und einer durchaus spannenden U-Bahn-Sequenz wird das "frische Setting" New York erstaunlich wenig genutzt und stellt sich weitestgehend kammerspielartig heraus.
Vermutlich auch, weil hier Montreal als die ikonische Weltmetropole herhalten musste, weshalb eine flotte Jagd über den Time Square oder auf einer um die Freiheitsstatue herumschippernden Fähre o.ä. produktionsbedingt Ebbe waren.

Als Mittelteil einer geplanten Trilogie, die mit dem Vorgänger Teil 5 begann (den man vor einem Jahr noch nicht so nennen wollte, obwohl er ganz genau das ist), treffen wir nun also die Survivorgang um Geschwisterpärchen Sam (Melissa Barrera) & Tara Carpenter (Jenna Ortega) wieder, welche vor dem Ghostface-Terror in die große Stadt geflohen ist, ansonsten aber in ihrerwenig mitreißenden, an Charakter-Ausstechförmchen erinnernden Darbietung weitestgehend auf der Stelle tritt.
Am schmerzhaftesten fällt das bei Barrera auf, die immer noch kaum eine als halbwegs überzeugende Schauspielkunst interpretierbare Regung in ihr Gesicht bekommt, weshalb sie vom charmantenWirbelwind Ortegadannzumeist auch easily ausgestochen wird, welche wiederum drehbuchbedingt allerdings nach wie vor zumeist die zu beschützende, anderthalbste Geige spielt. Die restliche Riege dahinter fällt nicht mehr weiter groß innovativ auf:Mason Gooding darf immer noch den bodyguardschen Kumpeltyp ohne größeres, eigenes Profil mimen, Jasmin Savoy Brown wird uns als "Randys Nichte" (tse) Mindy jetzt schon gefühlt bis in alle Ewigkeit die dem jeweiligen neuen Teil anheimelnden "Regeln" erklären (welche großäugig aufgerissen werden, um sie in den entscheidenden, wirkliche Neuerungen oder zumindest angenehme Abwandlungen versprechenden Situationen dann doch wieder geflissentlich links liegen zu lassen und trotzdem alles so weit, so bekannt zu veranstalten) und die Legende besagt, dass für Neve Campbell obgleich des nochmal sattsam aufgestockten Budgets wohl keine von ihr höher angesetzte Gage übrig war, während Courteney Cox als letztes "Legacy"-Übrigbleibsel vermeintlichfür ein Lachsbrötchen und einen Avocado-Smoothie freudestrahlend ans Set zurückgekommen ist.
Ansonsten kommen noch Hayden Panettiere als Überlebende aus Scream IV und nunmehr waschechte FBI-Topermittlerin (die man ihr nun wirklich so gar nicht abnimmt, was ihrCox dann zwischendurch aber auch kurz spitzbübisch um die Ohren hauen darf) oder Dermot Mulroney als Detective, in seiner Rolle respektive in der Darstellung dieser vergleichsweise unterfordert wirkend, aus der zweiten Reihe hinterher, plus ein paar tatsächlich noch blasser gezeichnete Mimen, bei denen man dann erneut fröhlich ausklamüstern darf, wer hier wohl Killer oder Opferlamm sein darf/wird. Von dem wirklich herzlichen, hom*ogen wirkenden Charakterensemble aus dem Ur-Scream ist da punktetechnisch nicht viel geblieben, aber damit fing bereits Scream 2 an zu kämpfen.

Nach einer sich tatsächlich mal abwechslungsreich anfühlenden Eingangssequenz, welche den sattsam bekannten Anruf und Mord gar nicht ungeschickt abwandelt, folgt alles weitere den mehr als bekannten, ausgelatschten Pfaden, auf welchen sich Ghostface erneut wieder als unheilvolle Bedrohung in das Leben der Protagonisten schleicht bzw. nunmehreher poltert, denn so kompromisslos und rabiat wie hier mordete die Killerikone bisher noch nie - da wird der eine oder andere, im Weg stehende innocent bystander gleich forsch mit enstorgt, und warum dabei nur vier- bis sechsmal zustechen, wenn man das sicherheitshalber auch vierzehn- bis sechzehnmal machen kann.
Der Blutzoll ist mehr alsordentlich (und augenscheinlich überwiegend handmade), und fast mag es den Anschein erwecken, man möchte damit die über lange Strecken vernehmbare Austauschbarkeitdes Handlungsablaufs etwas übertünchen. Denn während die Mordszenen überwiegend gut ausgreift und inumspannend-spannendeSituationen gebettet sind, mutendas generische Wie-gehen-wir-jetzt-damit-um? und das sich beinahe ins nervtötende steigerndeWer-könnte-hier-alles-verdächtig-sein-ooooooder-aber-auch-nicht-und-warum! bestenfalls wie Stangenware und schlimmstenfalls ebenfast schon grob überzeichnet an, um dort coole Tough- & Cleverness zu suggerieren, wo nicht wirklich welche ist.
Nette Ideen wie die in Social Media sich gegen Sam richtenden("Verschwörungs-") Theorien zur Täterfrage aus dem vorhergehenden Teil werden eher oberflächlich als Fake News-Verballhornung und später eben als Stichwortkarte fürs Finale abgehandelt, und gar nicht dumme Einfälle wie den Killer einfach mal zurückzurufen, um am Telefonklingeln dessen Standort auszumachen, stehen dann eben Situationen gegenüber, wo bspw. ein hektisch winkender Love Interest im Fenster vom Hochhaus gegenüber, derauf den sich im Hintergrund anschleichenden Ghostface aufmerksam machen will, nach einer ganzen Weile des darauffolgenden Kämpfens & Schlitzens IMMER NOCH am Fenster steht und winkt, anstatt mal die Beine in die Hand zu nehmen, um Treppe runter, Treppe eine Haustür wieder rauf tatkräftig zu unterstützen und zwischendurch dabei mal bei Recht und Gesetz durchzuklingeln.
Dafür kannder dann aber immerhin mit einer fünf Meter langen Aluleiter aushelfen, die man in New Yorker Appartments wohl so parat zu haben scheint, um sie im Zweifelsfall zum Fenster gegenüber durchschieben zu können.

Auf der Meta-Ebene ist hier ebenfalls kaum mehr etwas zu holen (gewesen), weil man sich mittlerweile eben in genau den überschaubar-bekannten Zirkeln im Kreise herumdreht, die man seinerzeit noch ironisch aufzuzeigen und diese dann mal lust- und kunstvoll zu umschiffen und mal genüsslich für den Lach- und Sacheffekt gerade deswegen genau dort hineinzutappen wusste. Das mündet hier ironischerweise in einer (storybedingten, immerhin) Zurschaustellung aller möglichen bekannten Requisiten aus den Vorgängerfilmen in einem alten Kino, wo für den "Hui, guck mal da! Und da, Mensch weißte noch...?"-Effekt natürlich für jeden etwas dabei ist, an Selbstreferenzialität allerdings auch nichtmehr wirklich überboten werden kann und irgendwie genau den Museumseffekt mit sich bringt, in welches das Franchise langsam auch hinzugehören scheint.
So dramelt, mutmaßt, witzelt & stolpert man sich in das blutrünstige Finale, welches technisch, ebenso wie der Rest von Scream VI, durchweg ordentlich geraten ist, allerdings mit dem in seinerGesamtheit gleichermaßen wohl absurdesten wie lamesten Reveal der gesamten Reihe aufwartet, bei dem man die Motivation zum Teil bereitsaus Scream 2 kennt, wo diese auch schon wie latent hingeschissen wirkte, damals aber zumindest noch mit dem hastig angepassten Drehbuch nach dem Leak des Originalscripts im I-Net halbwegs entschuldigt werden konnte. Hier wirkt es in Summe einfach nur grotesk, was offenbarauch den Machern nicht komplett entgangen ist, weshalb hier dann wohl bewusst die Gewaltschraube noch einmal ein zusätzliches Stückaufgedreht wurde und onscreen genüßlich in empfindliche Körperregionen (bzw. Öffnungen) hineingestochenund saftig drin rumgebohrt werden darf, was spätestens dann u.U. als irgendwie fremdkörperartig wirkend wahrgenommen werden kann.
Wobei es finalmente als auch schon zuvor im Film dafür wiederum um so erstaunlicher ist, wie man sich da noch "ein letztes Aufbäumen" gönnen oder als tatsächlich noch lebendes Massenstichopfer in der Ecke finden lassen kann.

Die Schauwerte aber zumindest stimmen also, die grundsätzliche Slasheressenz ist selbstredend ebenfalls präsent, alleine als weiterführendes Sequel / Requel / Requelsequel / you-name-den-Husten des Scream-Franchises wird viel & laut auf "Neu!" und/oder "Anders!"oder gar "Besonders!" getöst, größtenteils aber nur alter Wein in alten Schläuchen serviert.
Das ist generell alles handwerklich sauber, ohne größere Längen und mit derdiesem Sujetmehr als gerecht werdenden Härte versehen, derweil aber auch so uninspiriert, oberflächlich, letztlich doof und nach hinten raus beinahe ärgerlich, wie es eben nie sein wollte (und sollte). Die in den letzten Einstellungen angedeutete Richtung KÖNNTE einen Scream VII indes nochmal richtig interessant machen - wenn man mal den Mut zusammennimmt und die angeteaserte Karte auch innovativ ausspielt. Die Hoffnung stirbt zuletzt; hier jedenfalls gibt es nix mehr zu holen außer halbwegs solide Genrekost mit den zur Genüge bekannten Stärken - und Schwächen.

6/10

Scream VI: Review von Jason (Schnittberichte.com) (2024)
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